Stefan Bollinger, der seit Anfang Jahr Julius Bär leitet, setzt erste Duftmarken: Wie die Bank am Montagmorgen bekannt gibt, kommt es zu einem Abbau von rund 5 Prozent der derzeitigen Belegschaft. Das sind ungefähr 400 Stellen. Der Stellenabbau solle überwiegend die Schweiz betreffen und dort Mitarbeitende im Mid- und Backoffice betreffen, wie Bollinger Vize Nic Dreckmann in einer Telefonkonferenz erklärte er. 

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Dabei war das Jahr 2024 auf den ersten Blick ein gutes für Julius Bär: Der Konzerngewinn stieg auf 1,02 Milliarden Franken, was einem Anstieg um 125 Prozent entspricht. Im Jahr 2023 hatte die Privatbank noch eine Halbierung des Gewinns vermelden müssen, dies aufgrund hoher Abschreibungen in Höhe von 606 Millionen Franken auf Darlehen an die insolvente Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko. Rechnet man dagegen die Benko-Verluste aus dem Vergleich raus, so verdiente die Bank im vergangenen Jahr vor Steuern rund 4 Prozent weniger.

Kosten verharren auf hohem Niveau

Die Ankündigungen von heute Montag haben auch Auswirkungen an der Börse: Die Julius-Bär-Aktie verliert im frühen Handel rund 10 Prozent und baute die Verluste weiter aus, am frühen Nachmittag betrug das Minus über 13 Prozent.

Offenbar gab es Enttäuschung darüber, dass die Bank kein neues Aktienrückkaufprogramm startet. Analysten verwiesen zudem auf den enttäuschenden Ausblick der Bank. So solle das Verhältnis aus Kosten zu den Erträgen in diesem Jahr bei rund 70 Prozent verharren. Auch die in Aussicht gestellte Neugeldentwicklung von einem Plus von nur 3 Prozent lag unterhalb der Schätzungen der Experten. 

Einige Beobachter vermuten hierbei taktisches Tiefstafeln des neuen Bär-Chefs: Denn die Aktie war im Vorfeld der Jahresergebnisse stark gestiegen - und damit die Erwartungen. Nun versetzt Bollinger diesen Ertragshoffnungen einen Dämpfer. Was ihm erlaubt, später die nach unten korrigierten Erwartungen leichter zu übertreffen. 

Bei Julius Bär sind die hohen Kosten ein anhaltendes Problem. Und hier setzt der seit dem 9. Januar amtierende CEO Stefan Bollinger (50) nun erste Zeichen: Denn er weitet das laufende Kostensenkungsprogramm 2023-2025 weiter aus. Nachdem die Kosteninitiativen bis Ende 2024 bereits zu Einsparungen von 140 Millionen Franken jährlich geführt hatten, sollen im laufenden Jahr weitere Bruttoeinsparungen in Höhe von 110 Millionen Franken erzielt werden. Die Kostensenkungen sollen damit kumuliert 250 Millionen Franken erreichen. 

Einerseits eben mit rund 400 Entlassungen beim Personal. Andererseits mit der Verkleinerung der Geschäftsleitung von zuvor 15 auf noch fünf Personen – per sofort. Neben CEO Stefan Bollinger umfasst sie COO Nic Dreckmann, Chief Risk Officer Oliver Bartholet, Finanzchefin Evie Kostakis und den Chefjuristen Christoph Hiestand.

Die Zahlen des vergangenen Jahres dagegen wurden  weniger negativ bewertet. Die Experten der Investmentbank Jefferies zum Beispiel verweisen zwar darauf, dass der adjustierte Vorsteuergewinn die Erwartungen um 4 Prozent verfehlt habe. «Doch das vielleicht wichtigste Barometer für die Gesundheit der Marke ist die Erholung der Neugelder», hiess es in einem Kommentar. Diese seien im zweiten Halbjahr mit einer annualisierten Rate von 4,4 Prozent gewachsen, was eine klare Erholung gegenüber dem ersten Halbjahr sei, als die Kundengelder nur um 1,7 Prozent zulegten.

Finma untersucht die Benko-Kredite

Ein Strategie-Update einschliesslich neuer Mittelfristziele will Julius Bär noch «vor Sommer 2025» präsentieren, wie es am Montagmorgen heisst. Noch offen ist auch noch, wer ab April das Amt des Verwaltungsratspräsidenten besetzen wird. Amtsinhaber Romeo Lacher hatte Ende Januar angekündigt, an der Generalversammlung im April nicht mehr zur Wiederwahl anzutreten.

Die Benko-Kredite haben letztlich Lacher und auch dem früheren CEO Philipp Rickenbacher den Job gekostet. Am Montag erklärte die Bank im Finanzbericht nun offiziell, dass der Fall von der Finanzmarktaufsicht Finma untersucht wird. Das Management wollte sich im Analystencall nicht weiter zu der Untersuchung äussern.

Vize-Chef Dreckmann sagte aber, dass es Ausdruck einer gewissen Vorsicht wäre, bis zum Abschluss der Finma-Untersuchung kein Aktienrückkaufprogramm zu starten. Die Finma dürfte prüfen, ob die Bank bei der Vergabe der fraglichen Firmenkredite sauber gearbeitet hat und die Risiken ausreichend prüfte. Hier dürfte auf die Bank Ärger zukommen, denn die Kreditvergabe war laut Insidern in der Finanzabteilung angesiedelt. Möglicherweise kann die Finma zur pauschalen Abdeckung von Risiken von einer Bank Risikozuschläge beim Eigenkapital fordern. Dreckmanns Äusserungen könnten darauf hindeuten, dass sich Julius Bär auf solch eine Massnahme vorbereitet, und daher das Geld zusammen hält.  

Gute Börsen lassen Kundenvermögen steigen 

Die von der Privatbank verwalteten Vermögen (Assets under Management, AuM) beliefen sich per Ende 2024 auf 497 Milliarden Franken nach 480 Milliarden im Oktober 2024, wie Julius Bär am Montag weiter mitteilt. Gegenüber dem Wert von Ende 2023 lagen die AuM gar um deutliche 16 Prozent höher. Zum Anstieg trug ein Neugeldzufluss von 14,2 Milliarden Franken bei, nachdem die Bank im Jahr davor noch 12,5 Milliarden an neuen Kundengeldern einsammeln hatte können. Vor allem im zweiten Halbjahr beschleunigten sich die Zuflüsse zur Privatbank deutlich. Dazu kam eine positive Performance an den Aktienmärkten sowie ein positiver Währungseffekt.

Die Julius-Bär-Aktionäre sollen für das abgelaufene Geschäftsjahr eine unveränderte Dividende von 2,60 Franken je Aktie erhalten. Damit bleibt die Ausschüttung das vierte Jahr in Folge auf dieser Höhe.

(sda/nim/dob/ali)